Ist Holz als Werkstoff schon per se weitgehend von Kunststoff verdrängt, so ist echtes Handwerk damit noch seltener geworden. Doch es gibt Menschen, die es mit Leidenschaft in die Zukunft tragen: Wir haben Tobias Bach besucht, der unter seiner Marke „Wood-Writing“ edle und langlebige Schreibgeräte drechselt.
Was macht ein Bauzeichner, wenn er einmal abschalten will – von seiner Arbeit, bei der stets extreme Präzision gefragt ist und jeder halbe Millimeter zählt? Im Fall von Tobias Bach fertigt er hochwertige Schreibgeräte, bei denen stets extreme Präzision gefragt ist und jeder halbe Millimeter zählt. So etwas liegt ihm eben einfach. „Das Kleine, ‚Futschelische‘ ist irgendwie meins“, sagt er. Und Unterschiede gibt es ja trotzdem: Bei den Bauzeichnungen steht Tobias oft unter Zeitdruck und Stress, bei den Schreibgeräten hingegen kann er sich in aller Ruhe in dem Werkstück verlieren.
„Es ist jetzt fünf, sechs Jahre her, dass ich damit angefangen habe“, erinnert er sich. Auf der Suche nach einem neuen Hobby kaufte er sich ein Buch über Drechseln sowie von einem Rentner in der Pfalz eine alte Drechselbank, denn mit Holz hatte er ein wenig Erfahrung. Bald merkte er, dass ihm vor allem das Drechseln von Schreibgeräten – Füllern, Kugelschreibern, Bleistiften – so „richtig Laune machte“. Also arbeitete er sich weiter in dieses Spezialgebiet ein. Seine neue Leidenschaft bescherte ihm viel Freude und noch mehr Stifte. Da selbst ein Bauzeichner nur begrenzte Verwendung dafür hat, kam er auf die Idee, sie im Nebengewerbe unter der Marke „Wood-Writing“ zu verkaufen – er baute sich eine Webseite auf und ging auf Märkte. Und er fand Kunden, die das Handgemachte und Hochwertige schätzen. Viele sind inzwischen Stammkunden.
In seiner kleinen Werkstatt, in der Garage hinter seinem Wohnhaus in Uchtelfangen, hat der 37-Jährige alles, was er braucht – Maschinen, Werkzeuge und Kisten voller fein säuberlich sortierter und beschrifteter Holzblöckchen: beige, braun, schwarz, rot und sogar lila. Auch zweifarbige Hölzer sind dabei. Zusammengeklebt? Keineswegs: „Bei diesen Gehölzen, etwa Königsholz oder Grenadill sind die Stämme innen dunkel und außen hell.“ Beide sind Exoten. Bei solchen Hölzern achtet Tobias genauestens auf den gesetzlichen Herkunftsnachweis und kann so teils interessante Projekte unterstützen: So darf das in den USA vorkommende Wüsteneisenholz im Bezugsgebiet nur von den Ureinwohnern geerntet werden und nur von abgestorbenen Bäumen. Kurios ist etwa auch das Cocobolo: „Es ist innen weiß-grau, färbt sich aber außen durch Oxidation rötlich.“ Zudem dufte es beim Bearbeiten herrlich nach Honig, so Tobias, was man jedoch nicht genießen könne: „Stoffe in dem Holzstaub erregen Übelkeit, ich verarbeite es nur mit Gasmaske.“ In den Kisten liegen auch einheimische Hölzer: Quitte, Wacholder, Schlehe oder etwa Zwetschge. Kann er denn jedes Holz verwenden? „Eigentlich ja, es darf nur nicht modrig oder morsch sein.“ Oftmals bringt man ihm auch das Rohmaterial: Ein Kunde beispielsweise wollte einen Stift aus der Tür eines alten Eichenschranks seines Opas. Eine Frau schickte per Post einen Ast von einer Linde, von dem sie einen Stift für ihre Mutter wollte.
Vom Klötzchen zum Künstlerstift
Für uns demonstriert Tobias anhand eines einfachen Modells die Herstellung: Er nimmt ein Stück Olivenholz und schneidet es zunächst auf die Länge der zu verwendenden Messinghülse. Für diese muss dann ein Loch gebohrt werden. „Die Bohrer sind wirklich abgefahren: Für jedes Modell braucht man einen anderen.“ Von seinem Plan an der Wand liest er daher die erforderliche Stärke ab: 11,7-Millimeter. In das sauber gebohrte Loch kommen etwas Klebstoff und die mit Schleifpapier angeraute Messinghülse. Dann werden die Enden abgefräst, damit Holz und Messing bündig abschließen. An der Drechselbank wird das Holz anschließend zum Stift, indem Tobias es bis auf rund einen Millimeter formschön herunterschleift. „Bei vielen anderen Modellen muss das Holz noch dünner sein. Wenn man dann versehentlich etwas zu viel wegnimmt, ist der Stift ruiniert.“ Es folgt das Auftragen einer Grundierung und einer Versiegelung mit Carnaubawachs. Dazu hält Tobias das Wachs einfach an den Stift und dreht ihn wieder auf der Drechselbank: „Durch die Reibung wird das Wachs heiß und schmilzt“. Es bildet sich ein feiner Film, der mit einem Baumwolltuch noch poliert wird. Dann kommt der entscheidende Moment: Mit einer Presse wird der Stift mit den Metallteilen an Spitze und Ende bestückt. „Wenn etwas schief geht, dann meistens bei diesem Schritt – wenn der Stift fast fertig ist. Dann knackt es plötzlich und man hat einen Riss im Holz.“ Aber nicht heute. Der fertige Künstlerkreide-Stift ist ein schlicht-edles Schmuckstück.
So schnell wie bei diesem Stift geht die Herstellung nicht immer. An manchen Modellen arbeitet Tobias über mehrere Tage, wenn nämlich Kleber, Wachs oder einzelne Lackschichten zwischen den Arbeitsschritten trocknen müssen. Das macht sich dann natürlich am Preis bemerkbar. Der teuerste Stift, den er bisher verkauft hat, ging für 680 Euro in die Hände eines Optikers aus Regensburg. Das Material war jedoch hauptsächlich für den Preis verantwortlich – es war das Wüsteneisenholz der amerikanischen Ureinwohner. „Noch dazu war es gemasert, das ist dann nochmals teurer.“ Die Metallteile bestanden aus einer rhodinierten Metalllegierung mit echt vergoldeten, schmiedeeisernen Intarsien.
Doch es muss nicht diese Preisklasse sein, wenn man sich ein handgefertigtes Schreibgerät von Tobias gönnen will: Einfache Bleistifte und Kugelschreiber sind ab 30 Euro erhältlich. Füller gibt es ab 150 Euro, denn für sie sind mehr Material und mehr Arbeitsstunden erforderlich. Übrigens sind es zwar vor allem, aber nicht ausschließlich Schreibgeräte, die Tobias herstellt: Auch macht er Rasierer und Rasierpinsel, gerne passend im Set, sowie Gewürzmühlen und Küchenhelfer.
Handgedrechselte Schreibgeräte von Tobias gibt es auch in unserem Shop:
Mehr über Tobias erfahrt ihr auf seiner Webseite!
Alle Fotos: Markus Serwe